Vom sozialen Nutzen des Religions- und Ethikunterrichts

Authors

  • Severin Josef Renoldner Pädagogische Hochschule der Diözese Linz

Keywords:

Religionsunterricht, Ethikunterricht, Religion und Gesellschaft, Religion und Staat, Böckenförde-Paradoxon

Abstract

Nach dem „Paradoxon“ des deutschen Rechtsgelehrten Wolfgang Böckenförde setzt der freie demokratische Staat einen gemeinsamen Sinn für Werte und den Willen zu einem positiven, konstruktiven gesellschaftlichen Zusammenleben voraus. Diesen positiven Willen, unter Beachtung des Gemeinwohles zu handeln, könne der Rechtsstaat mit seinen eigenen Mitteln – dem Recht, der Gewaltenteilung, der demokratischen Legitimation von Macht etc. – selbst nicht erzeugen, sondern er sei dazu auf Gesinnungsgemeinschaften angewiesen.

Die demokratische Gesellschaft Europas erlebt 20 Jahre nach der Jahrtausendwende einen Rückgang kollektiver Überzeugungen und wertorientierter Großgemeinschaften: nicht nur die Kirchen, auch politische Parteien, Gewerkschaften, Organisationen wie der Alpenverein etc finden für ihre werteorientierten Überzeugungen immer weniger Menschen, die sich als Mitglieder lebenslang verpflichten wollen.

Der resultierende ethische Individualismus braucht auch die Selbsthinterfragung: „Wofür stehe ich im Hinblick auf Verantwortung für das Gemeinwohl?“ Dazu ist eine Art Alphabetisierung – noch besser gesagt: eine Sprachbefähigung dessen nötig, was Menschen heute Grundüberzeugung, Wertegut und Spiritualität nennen.

Ethik ist in diesem Diskurs ein wichtiger Teil der Themen, aber doch nicht alles, auch wenn sie dem künftigen Unterrichtsfach seinen Namen geben soll. Es geht nicht nur um das sittliche Sollen (oder dessen Begründung), sondern auch um den Sinn des Lebens, das Verhältnis des Ich zum Du, zum Wir und zur Welt. Zu dieser gesellschaftlichen Fragestellung wird die rechtliche Situation in Österreich und ihre „ökumenischen“ Auswirkungen auf zahlenmäßig kleinere Religionsgemeinschaften bzw. konfessionslose SchülerInnen befragt und eine Einordnung der Grundaufgaben von Religions- und Ethikunterricht vorgenommen.

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Published

2020-12-23

How to Cite

Renoldner, S. J. (2020). Vom sozialen Nutzen des Religions- und Ethikunterrichts. Pedagogical Horizons, 4(3), 73–86. Retrieved from https://paedagogische-horizonte.at/index.php/ph/article/view/74